GASTBEITRAG zur Aufkündigung des INF-Vertrages in der Mitteldeutschen Zeitung am 05.02.2019

Die Diplomaten sind am Zug

 

Der INF-Vertrag zum Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen hat Europa über 30 Jahre
sicherer gemacht. Deswegen haben insbesondere wir Europäer größtes Interesse an einer Neuaufsetzung,
nachdem die USA und Russland beidseitig den Vertrag aufgekündigt haben. Russland muss dafür den in den letzten
Jahren entwickelten vertragswidrigen Marschflugkörper abrüsten und endlich Transparenz dazu herstellen. Nur eine
Rakete zu zeigen, ohne ihre technischen Daten bekannt zu geben, reicht nicht aus.

Es ist jetzt nicht die Zeit, die Entwicklung und Neustationierung von Mittelstreckenraketen in Europa zu diskutieren. Das
macht Europa nicht sicherer. Wie Außenminister Heiko Maas bereits mit Gesprächen in Moskau und Washington begann, muss
auch in den verbleibenden sechs Monaten die Diplomatie zum Zug kommen. Internationale Rüstungskontroll-
Architektur gehört jetzt ganz oben auf die diplomatische Tagesordnung! Ob dabei auch neue Länder mit großen
Mittelstreckenarsenalen wie China, Indien, Iran und Pakistan mit einbezogen werden und auch
neue Themen wie autonome Waffensysteme mit verhandelt werden können, wäre höchst wünschenswert,
ist aber schwer einzufordern.

Wir brauchen wenigstens den Status quo des bisherigen INF-Vertrages für Europa.
Ich fordere die EU-Mitgliedsstaaten in ihrer Außenpolitik auf, schnell einen gemeinsamen Beschluss
gegen eine mögliche Neustationierung von Mittelstreckenwaffen und eine gemeinsame
diplomatische Strategie zu entwickeln. Nur geschlossen kann Europa gegenüber Russland und
den USA etwas erreichen. Das Europaparlament sollte dafür ebenfalls eine Grundlage schaffen
und dazu ebenfalls einen klaren Beschluss fassen.