Kommentar im vorwärts vom 04.07.2018: „Wir tragen eine internationale Verantwortung für den Klimaschutz“

Das Pariser Abkommen hat den Grundstein für internationale Solidarität im Klimaschutz gelegt. Aber noch reichen die personellen und finanziellen Ressourcen der Europäischen Institutionen nicht aus. Die EU-Klimadiplomatie muß nachhaltig gestärkt werden, meint der EU-Parlamentarier Arne Lietz.

Am 3. Juli 2018 hat das Europäische Parlament mit einer breiten Mehrheit meinen Initiativbericht zu EU-Klimadiplomatie verabschiedet. Damit hat es das Thema erstmals auf seiner außenpolitischen Agenda verankert. Der Bericht fordert unter anderem, die personellen und finanziellen Ressourcen der Europäischen Institutionen für Klimadiplomatie maßgeblich zu stärken, um die Umsetzung der Ziele des Pariser Klimaabkommens weltweit voranzutreiben. Er fordert außerdem, dass die EU ihre eigenen klimapolitischen Ambitionen steigert. Eine Vorreiterrolle in der momentanen internationalen Klimapolitik kann die EU nur dann erfolgreich erfüllen, wenn sie glaubhaft ihre eigenen Hausaufgaben macht.

Der Bericht stellt klar, dass klimapolitische Überlegungen Teil aller Politikfelder werden müssen, wenn wir kohärente und effektive europäische Klimadiplomatie betreiben wollen. Hierzu gehören insbesondere Handels-, Entwicklungs- und Sicherheits- und Verteidigungspolitik. So müssen künftig auch EU-Freihandelsabkommen ein klimapolitisches Kapitel beinhalten, wie bereits in Ansätzen bei CETA und breiter im Japan-Abkommen geschehen.

„Klima muß als Thema gesetzt werden“

Klima muss als Thema sowohl bei Delegationsreisen des Europaparlaments als auch in den Delegationen der EU in Partnerländern gesetzt werden. In seinem Bericht fordert das Parlament entsprechend, dass die Kommission eine umfangreiche und inklusive Strategie für EU-Klimadiplomatie entwickelt.

Als Europäerinnen und Europäer tragen wir eine internationale Verantwortung für den Klimaschutz. Die Mitgliedstaaten der EU gehören zu den wirtschaftsstärksten Nationen der Welt – sie gehören aber auch zu den größten Verursachern des beschleunigten Klimawandels. Gleichzeitig sind wir in Europa bislang eher moderat vom Klimawandel betroffen, während Länder mit wesentlich weniger Möglichkeiten, die Auswirkungen des Klimawandels auszugleichen, in der Regel am stärksten unter ihm leiden. Mit ihrer momentanen Klimapolitik wird die Europäische Union dieser Verantwortung noch nicht vollständig gerecht. Insbesondere mit Blick auf die dringend notwendige Unterstützung für die am stärksten betroffenen Regionen der Welt kann die EU noch weit mehr tun als bisher.

„Größere Solidarität gegenüber gefährdeten Staaten“

In dem Bericht, den ich gemeinsam mit meinem Kollegen Jo Leinen verfasst habe, fordern wir vor diesem Hintergrund, dass die EU größere Solidarität gegenüber gefährdeten Staaten und Regionen zeigt. Während europäische Informationskampagnen verstärkt auf den Zusammenhang zwischen Klimawandel, sozialer Ungerechtigkeit, Migration, Hunger und Armut hinweisen sollten, muss die EU auch konkrete Schritte unternehmen, um gefährdete Partnerländer darin zu unterstützen, ihre Widerstandsfähigkeit und ihre Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu verbessern.

So muss sie weiterhin finanzielle Ressourcen für die weltweite Umsetzung der Klima-Ziele zur Verfügung stellen. Der Bericht erwähnt in diesem Zusammenhang den Europäischen Investitionsplan, der konkrete Vorschläge dazu macht, wie internationales Investment klimafreundlich und nachhaltig sein kann.

Die EU sollte ihre Zusammenarbeit mit Drittländern vor allem auch darauf fokussieren, wie natürliche Landschaften und Ökosysteme erhalten, bzw. wieder hergestellt werden können. Neben der finanziellen Unterstützung sollten europäische Bemühungen dabei auch Strukturwandel und Kapazitätsentwicklung unterstützen, beispielsweise durch das Einrichten von Best-Practice-Plattformen in betroffenen Regionen und NDC-Partnerschaften.

„Der wirtschaftliche Gewinn darf nicht im Vordergrund stehen“

Insbesondere sollte die EU wirtschaftsschwächere Partner auch darin unterstützen, ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. Dazu gehört, dass der Zugang zu europäischer Technologie für den Umstieg auf und den Einsatz von erneuerbaren Energien erleichtert wird. Hier darf nicht der wirtschaftliche Gewinn im Vordergrund stehen; solidarisch können Europäerinnen und Europäer sich dann zeigen, wenn sie ihr Wissen und Innovationen mit der Welt teilen und so einen echten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten.

Das Europäische Parlament hat sich mit dem verabschiedeten Text dazu verpflichtet, über ein regelmäßiges Berichtswesen EU-Klimadiplomatie fest auf seiner außenpolitischen Agenda zu verankern. Es hat sich verpflichtet, gemeinsam mit den anderen EU-Institutionen eine Langzeitstrategie für Klimadiplomatie zu entwickeln und in seinen parlamentarischen Aktivitäten weltweit Klimadiplomatie in alle auswärtigen Politikbereiche zu integrieren. Es wird unsere Aufgabe sein, dieser Selbstverpflichtung nun mit geeinten Kräften nachzukommen.

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